Wie alles begann

Mit seinem Aufruf zur Mithilfe begann die Initiative

Matthias wollte eine große Homepage erstellen und die Öffentlichkeit mobilisieren nicht mehr wegzuschauen.

Anfang 2007 bekam Matthias Weber die Diagnose ALS. Diese Diagnose traf ihn völlig unvorbereitet. Seit diesem Tag zog die Krankheit die Fesseln immer enger. ALS sperrt einen gesunden Geist in einem immer schwächer werdenden Körper ein. Eine wirkliche Therapie gibt es nicht. Die Krankheit endet wie vor 140 Jahren tödlich!

" Es ist nicht einfach von einem starken Mann zu einem Pflegefall zu werden", sagte Matthias Weber.

Er wollte immer anderen helfen ohne Mitleid zu bekommen. Deshalb nahm er auch an zwei Medikamentenstudien in der ALS Ambulanz Bergmannsheil teil.

Trotz dieser heimtückischen Krankheit ging er auf andere Menschen zu und machten ihnen so den Umgang mit ihm und ALS leichter.

Am 1. Dezember 2009 starb Matthias Weber im Alter von 49 Jahren an ALS.

Er hinterlässt eine große Lücke bei all denen die ihn liebten und schätzten.

2009 - Aufruf von Matthias Weber

Hallo,

mein Name ist Matthias Weber. Ich bin 48 Jahre alt und seit 2006 an ALS erkrankt.

Ich wende mich heute an Dich/Euch, weil ich denke, dass die Zeit gekommen ist, gemeinsam etwas zu tun.

Unsere Krankheit hat keine Lobby.

Wir sind all denen dankbar die uns helfen, unseren Familien, den Pflegern, unseren Ärzten und Therapeuten. Jeder macht seine Erfahrung aber für sich allein.

Wir bewundern den Mut der ALS- Ambulanzen mit wenigen Mitteln das Möglichste rauszuholen, aber es reicht nicht, da die Pharmaindustrie sich nicht für uns interessiert.

Dabei ist die Sterblichkeit bei der ALS wesentlich höher als bei Aids, das früher einmal als unheilbar galt.

Nun ist die Zeit für uns gekommen etwas zu unternehmen.

Ich möchte Dich/Euch  bitten etwas über Dein/Euer Empfinden über diese Krankheit, in Verbindung mit mir, zu schreiben. Was habt  Ihr für Gedanken, wie geht es Dir/Euch wenn Du/Ihr bei mir seid? Legt ein  Bild  dazu und eine Genehmigung zur Veröffentlichung,

Mit Hilfe meiner Familie will ich nicht nur eine große Homepage erstellen, die das Sprachrohr aller ALS Kranken wird, sondern die Öffentlichkeit mobilisieren nicht mehr wegzuschauen.

Dafür brauche ich Deine/Eure Hilfe. Ich zähle auf Dich/Euch. Vielen Dank.

Mit vielen Grüßen

Matthias Weber

Die vergessene Krankheit

Ascheberg. Als die linke Hand beim Zuknöpfen des Hemdes nicht mehr mitmachte, wie er es gewohnt war, ahnte Matthias Weber nichts. Dass eine mysteriöse Nervenkrankheit begonnen hatte, den Weg vom Gehirn zu den Muskeln zu kappen, erfuhr der 49-jährige Ascheberger nach einer Woche Krankenhausaufenthalt erst am heimischen Computer. Hinter der Diagnose „Motoneuronerkrankung des 1. und 2. Motoneuron“, mit der die Ärzte ihn verabschiedet hatten, verbarg sich ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). „Ich war geschockt. Statistisch hatte ich nur noch drei bis fünf Jahre zu leben“, blickt Weber auf den Herbst 2006 zurück.

Seit diesem Tag zieht die Krankheit die Fesseln immer enger. ALS sperrt einen gesunden Geist in einen immer schwächer werdenden Körper. Eine wirkliche Therapie gibt es nicht, die Krankheit endet wie vor 100 Jahren tödlich. „Es ist nicht einfach von einem starken Mann zu einem Pflegefall zu werden“, sagt Matthias Weber. Jetzt sprengt er eine Fessel und spricht öffentlich über ALS: „Unsere Krankheit hat keine Lobby“. Der Ascheberger will einen Stein ins Rollen bringen. Zusammen mit seiner Frau arbeitet er an einem Sprachrohr für ALS-Kranke: „Wir möchten mit einer Homepage die Öffentlichkeit mobilisieren, nicht mehr wegzuschauen.“ Eins möchte Weber mit diesem Schritt nicht: Mitleid. „Man muss die Gefühle ausblenden, auch wenn wir manchmal weinen“, sagt seine Frau Claudia.

Es gibt bei Unfällen schlimme Diagnosen. Menschen können von einem zum anderen Tag auf einen Rollstuhl angewiesen sein. „ALS ist schlimmer“, sagt Weber. Die Krankheit macht keinen Halt. Ständig verändert sie den Körper. Der 49-Jährige, zuletzt stattlicher Torhüter der Altherren des TuS Ascheberg, hat in knapp drei Jahren 30 Kilogramm abgenommen. Viele Muskeln sind erschlafft. Zuerst waren es die Hände, die den Bezug zum Gehirn verloren. Mittlerweile ist der gesamte Oberkörper betroffen, das Atmen, die Zunge, das Sprechen. „Es ist für mich nicht einfach zu reden. Einige Buchstaben kann ich mit dem Mund nicht mehr formen. Auch wenn es sich so anhört, ich bin nicht geistig behindert“, erklärt Weber, „Wenn mich jemand grüßt und ich nicht zurückwinken kann, dann ist das keine fehlende Höflichkeit. Es geht nicht mehr.“ Die Sorge, falsch interpretiert zu werden, rührt aus vielen fragenden Blicken, die Weber beim Stichwort ALS begegnet sind. Nachbarn, Freunde, Sport- und Arbeitskollegen, Ärzte, Therapeuten – fast allen fehlt zuerst einmal das nötige Wissen über diese Nervenkrankheit, die unheilbar und deren

Fortschritt nicht umkehrbar ist. Es dauert, bis sich ein Team gebildet hat, das mit ALS-Kranken richtig umgeht. Denn sie fühlen, schmecken, hören und riechen weiter wie vor dem Ausbruch der Krankheit. Wer glaubt, in dem schlaff am Körper hängenden Arm sei kein Gefühl und zu kräftig zieht, fügt Weber Schmerzen zu. Schmerzen, die bei ausreichendem Wissen vermeidbar wären. Mit ihrer Internetplattform wollen die Webers Tipps für den richtigen Umgang geben – dafür bitten sie um Erfahrungen aus ihrem Umfeld, aber auch von anderen Erkrankten.

„Wir alle sind denen dankbar, die uns helfen, unseren Familien, den Pflegern, unseren Ärzten und Therapeuten. Jeder macht seine Erfahrung, aber für sich allein. Wir bewundern den Mut der ALS-Ambulanzen mit wenigen Mitteln das Möglichste herauszuholen. Aber es reicht nicht, da die Pharmaindustrie sich nicht für uns interessiert“, klagt Weber an. 6000 Erkrankte in Deutschland sind für teure Forschungen offensichtlich zu wenig. „ALS ist eine vergessene Krankheit“, ärgert sich Claudia Weber. Hier wird das Kapitel Wut auf der Homepage aufgeschlagen werden.

Matthias und Claudia Weber wollen Beispiele sammeln, wie man das Leben mit ALS erträglich gestalten kann. Der Ascheberger selbst ist ein kämpferisches Beispiel. Das persönliche Budget für die Arbeitsassistenz schöpft seine Frau Claudia aus. Sie ersetzt ihrem Mann die Hände bei allen Dingen des täglichen Lebens. Und: Ihr Einsatz ermöglicht es ihrem Mann, weiter zu arbeiten. Die „Continentale“ in Dortmund hat ihm selbst überlassen, das Ende seines Engagements als Versicherungskaufmann festzulegen. Aktuell fahren die Webers jeden Morgen 7.50 Uhr mit dem Zug vom nicht barrierefreien Bahnhof Ascheberg nach Dortmund zur Arbeitsstelle. Auf den Beinen stehen und gehen kann Matthias Weber noch: „Aber ich brauche eine Führung, sonst falle ich um.“

Ein sperriges Gestell, um den Kopf aufrecht zu halten, zeigt, dass für ALS-Kranke nicht nur richtige Medikamente fehlen, sondern auch Hilfsmittel. Das Gestell ist eigentlich für Menschen mit Rückenproblemen geschaffen worden. Es muss improvisiert werden. Und es dauert oft zu lange, bis Hilfe genehmigt wird: „Die Krankheit wartet nicht.“

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Verein als Vermächtnis

Verein als Vermächtnis und Patienten-Lobby

Dienstag, den 18. Mai 2010 um 18:01 Uhr | Geschrieben von: Dirk Loddenkemper |  |  |

Ascheberg - „Diagnose ALS was nun?“, unter diesem Namen bietet jetzt ein von Claudia Weber ins Leben gerufener Verein ALS-Erkrankten und deren Angehörigen Informationen und Hilfestellung im Umgang mit der Krankheit.

Eine Anlaufstation für andere Betroffene schaffen, das war der Wunsch von Matthias Weber, Ehemann von Claudia Weber, der im vergangen Dezember an dieser Erkrankung im Alter von 49 Jahren verstarb. Dieser Wunsch lebt nun durch seine Frau und seine Söhne Christopher und Alexander weiter.

Zur Vereinsgründung fanden sich Angehörige und Freunde von Matthias Weber am Freitagnachmittag im Café Leos zusammen, um die Grundpfeiler des Vereins zu bilden. Auch die stellvertretende Bürgermeisterin Maria Schulte-Loh besuchte das Treffen.

Eröffnet wurde die Versammlung durch Claudia Weber, die in bewegenden Worten in Erinnerung rief, dass es der Wille des Verstorbenen war, einen Verein zu gründen, der umfassend über das Leben und den Umgang mit der Diagnose ALS informieren kann und die Öffentlichkeit auf die relativ unbekannte Krankheit aufmerksam macht. „Wir haben uns vorgenommen, das weiterzugeben, was wir in dieser Zeit erlebt haben“, sagte die Frau des leidenschaftlichen Fußballers.

Daher wurden auch die ersten Aufgaben des Vereins mit einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit beschrieben: „Die meisten Menschen können mit der Bezeichnung ALS nichts anfangen, das müssen wir ändern.“

Ein erster Schritt auf diesem Weg soll durch das Verfassen und Verbreiten eines Flyers gemacht werden, der unter anderem in Wartezimmern von Arztpraxen verbreitet und somit für viele Patienten zugänglich gemacht werden soll. In diesem Schreiben sollen die Leser Informationen über die Krankheit erhalten, aber auch Kontaktadressen zum Verein finden.

Zudem startete die Familie Weber bereits vor fünf Monaten eine Homepage, auf die bislang schon über 20 000-mal zugegriffen wurde. Dort können sich Betroffene Informationen beschaffen und untereinander Kontakte knüpfen.

Zu einer Vereinsgründung gehören auch das Beschließen einer Satzung und die Wahl eines Vorstandes. Nach ausgiebiger Diskussion und anschließender Annahme der Satzung, erfolgte die Wahl des 1. Vorsitzenden. Hierbei wurde Claudia Weber einstimmig ins Amt gewählt.

Als 2. Vorsitzender wurde Christopher Weber benannt. Der Posten des Schatzmeisters wurde an Christian Kromm übertragen.

Die notarielle Beglaubigung und Eintragung ins Vereinsregister soll im Laufe der nächsten Tage erfolgen.

Auf lange Sicht hofft der gemeinnützige Verein, sich zu einer Stiftung zu wandeln. Um dieses Ziel zu erreichen, wird jedoch ein hohes Grundkapital benötigt. Die Vereinsmitglieder wünschen sich daher, dass sich viele Menschen dem Verein anschließen und durch deren Beiträge und Sponsorings in einigen Jahren der benötigte Betrag zusammenkommt.

» Bei der Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Dadurch kommt es zur zunehmenden Muskelschwäche. Aufgrund der Lähmungen leidet der Betroffene unter anderem an motorischen sowie Sprech- und Schluckstörungen, an eingeschränkter Koordination und Schwäche der Arm- und Handmuskulatur, was zu einer zunehmenden Einschränkung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und letztendlich zum Tod führt.